Fast drei Monate ist es nun her, dass die Spieler mit dem Fünfeck auf der Brust den Rasen im Namen der BSG Chemie betreten durften. Ebenso lang wurde uns durch Wind, Wetter und Weltuntergänge die Möglichkeit genommen unserer Leidenschaft Ausdruck zu verleihen und uns zu präsentieren. Und da letzteres bekanntlich seit zwei Jahren fast ausnahmslos auf Kreisebene geschieht, war die Vorfreude auf das Testspiel gegen den FSV Zwickau besonders groß. Trotz dessen gab es auch Skepsis und ein wenig Zweifel über den gesamten Ablauf des Tages, denn Spiele in Zwickau waren nicht nur von stimmungsvollen Halbzeiten, sondern eben auch von heftigen Ausschreitungen zwischen Heim- und Gästefans, sowie der Polizei geprägt. Auch das Wetter war bis zum Schluss ein nicht zu unterschätzendes Hindernis und bereitete allen Beteiligten so einige Sorgen. Umso mehr zaubern daher nun die Erinnerungen an den Tag ein Lächeln in unsere Gesichter. Es war schlichtweg ein Nachmittag, der noch lange in unseren Köpfen bleiben wird. Der Spagat zwischen den generell zu kritisierenden aber gleichzeitig notwendig erscheinenden Vorschriften und damit der Verwirklichung von autonomen Kurven, ohne augenscheinliche Reglementierung von repressiven Subjekten, gelang. Um Chemie Leipzig und unsere Kultur der Ultras angemessen zu vertreten, traten Fans und Mannschaft in fünf, bis auf die letzten Plätze gefüllten Busse, gemeinsam die Reise nach Westsachsen an. Zugegeben, es war komisch und zunächst durchaus befremdlich das Stadion zu betreten, denn nicht ein mal ein Zaun trennte uns von den Personen, mit denen wenige Jahre zuvor noch Holzlatten und Eisenstangen ausgetauscht wurden. Doch der gegenseitige Respekt für das Erreichte und Aufgebaute, die Freude über sich selbst lies dies schnell vergessen. Sagenhafte 250 Gäste, eine Choreographie, bunter Rauch, Bengalen das ganze Spiel durchweg (sogar nach Spielende von den Spielern), laute Sprechchöre und ausdauernde Gesänge von An- bis Abpfiff, Spruchbänder mit Insidern, Spitzen, Grüßen aber auch ernsten Forderungen. Hinzu kam eine Mannschaft, die einem höherklassigen Gegner in einer Art und Weise entgegentrat, wie es auch Optimisten kaum geglaubt hatten. All das sind Schlagworte und Gedanken die zu diesem Spiel zu nennen sind, all das sind Punkte die uns, unseren Verein und unsere Szene auszeichnen. Und dies gilt es uns immer wieder vor Augen zu führen, wenn es darum geht in den nächsten Wochen in die Rückrunde zu starten und selbstkritisch sowie reflektierend unseren hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Danksagungen dürfen an dieser Stelle natürlich nicht fehlen. Und so danken wir der Mannschaft, die es verstandenen hat ihre Chance zu nutzen, auf sich aufmerksam zu machen und uns viel Freude bereitet. Dank gilt allen MitfahrerInnen die trotz klarer Ansagen und damit verbundenen Einschränkungen den Weg mit uns teilten und gezeigt haben, was positive Jugendkultur ausmacht. Ebenso ein Dankeschön verdienen unsere fünf Freunde aus Frankfurt, die eigentlich Stadionverbot haben und so statt der Reise nach Freiburg und dem Stehen vor verschlossenen Türen, den Trip zu uns auf sich nahmen. Frankfurt und Chemie! Zu guter letzt geht ein großer Dank an den FSV Zwickau, deren Fans (im besonderen Red Kaos 1997) und dessen HelferInnen-, die mit Ihrem unermüdlichen Einsatz die Spielstätte fit machten und überhaupt erst durch Ihr Engagement das Spiel ermöglichten.Wir haben allen vor Augen geführt, wie Freiräume positiv zu besetzen sind: ohne Polizei, ohne Überwachung und ohne Nazis.
Ultras! Niemand wie Wir!